Vom Visarun und unserem ersten Bassi

 

Die Prozedur für die Verlängerung des Visa ist schon ein wenig langwierig. Wir fuhren gegen 11 Uhr mit dem Bus von Nong Khiaw nach Luang Prabang. Für die 140 km, die wir drei Wochen zuvor mit dem Rad fuhren brauchte der Minivan etwas mehr als drei Stunden. Wir konnten glücklicherweise zwei Plätze neben dem Fahrer ergattern so dass wir einigermaßen bequem saßen waren aber doch recht froh als wir in Luang Prabang ankamen. Vom dortigen Busbahnhof. der ziemlich außerhalb der Stadt liegt ging es dann mit einem Tuck Tuck zu einem völlig überhören Preis nach Luang Prabang. Isabel beschrieb uns ein nettes Guesthouse das dann auch noch ein Zimmer für uns frei hatte. Die Lage des Guesthouses war für uns recht gut. Zum Einen war die Polizeistation, in der man das Visa verlängern kann auf der gleichen Straße und nur ein paar hundert Meter von unserer Unterkunft entfernt und zum Stadtzentrum waren es auch nur einige hundert Meter. Wir erkundigten natürlich gleich noch die Lage zur Polizeistation, konnten aber, da Sonntag war die Verlängerung noch nicht beantragen.

Abends ging es natürlich wieder über den Nachtmarkt. Am nächsten Tag dann gleich in der Frühe zur Polizeistation. Dort füllten wir ein entsprechendes Formular aus, bezahlten umgerechnet etwa 72€ pro Person und ließen unsere Reisepässe gegen eine Quittung zurück. Wir sollten die Pässe am anderen Tag gegen 15 Uhr abholen können. 

Den Tag verbrachten wir in der Stadt und auf der Suche nach dem besten Cappuccino. Zum Glück gibt es hier recht leckeren Kaffee. Abends dann wieder schlendern über den Nachtmarkt der zwar sehr touristisch ist aber es gibt dort wirklich jede Menge toller handgearbeiteter Dinge, meist Stoffe. Da wir ja mit den Rädern unterwegs sind ist die Versuchung etwas zu kaufen natürlich nicht so groß denn wir müssten ja alles irgendwie verstauen. Apropos Räder. Wie schon beim ersten Besuch in der Stadt sahen wir wieder jede Menge Reiseradler die wir natürlich sehr neidisch betrachteten. Je länger wir in der Stadt sind desto „hungriger“ werden wir auf die Weiterfahrt mit den Rädern. Aber wir wollen ja noch einige Tage bei Projekten der Bambusschule mithelfen.

Am nächsten Tag ging es dann um 15 Uhr zur Polizei wo wir unsere Pässe mit der Visaverlängerung abholen konnten. Leider kann man das Visum nur jeweils für 30 Tage verlängern so dass wir sicherlich noch einmal herkommen müssen. Der letzte Bus in Richtung Nong Khiaw verlässt leider schon um 10 Uhr die Stadt so dass wir eine weitere Nacht in Luang Prabang verbrachten. Somit dauert der „Visarun“ insgesamt mindestens drei volle Tage.

Am Mittwoch dann mit dem Bus morgens nach Nong Khiaw. Komischerweise kostet die Rückfahrt fast das doppelte wie die Hinfahrt. Das muss man wiederum nicht verstehen. Insgesamt allerdings sind die Kosten doch recht überschaubar. Wir bezahlten für die Rückfahrt etwa 8 €. In Nong Khiaw mussten wir wiederum einen Tag warten da uns kein Boot um diese Zeit nach Khon Kuen bringen konnte.

 

 

Am nächsten Tag dann wieder zurück zusammen mit Shay und Franki. Als wir bei den Naibans auftauchten gab es wiederum die herzliche Begrüßung durch die Frau des Bürgermeisters.

Wir staunten nicht schlecht wie weit sie in der Zwischenzeit auf der Baustelle vorangekommen sind. Der Ringanker war komplett betoniert und die Arbeiter hatten schon damit begonnen auf einer Seite den Dachstuhl zu montieren. Damit waren wir dann die nächsten Tage beschäftigt. Wie gesagt können wir dabei nur begrenzt mithelfen da es um die Arbeitssicherheit hier sehr schlecht bestellt ist. Ein Gerüst ist leider Fehlanzeige. Am Ende unseres zweiten Arbeitseinsatzes durften wir dann endlich auch wieder richtig mit anpacken. Zuerst waren Malerarbeiten angesagt und dann an unserem letzten Tag wurde damit begonnen das Dach einzudecken. Hier konnte ich mich durch meine Größe schon sehr nützlich machen wenn es darum ging die Dachplatten in die Höhe zu bringen.

Silke hat sich mittlerweile auch einen Ruf als Gemeindeschwester gemacht. Vor Allem die Kinder leiden hier unter zum Teil üblen Hauterkrankungen die sie mit entsprechenden Salben, die wir von Nong Khiaw mitgebracht haben behandelt werden können. Morgens und Abends ist bei uns auf dem Balkon immer Sprechstunde. Natürlich gibt es am Ende für die Kleinen (manchmal auch für mich) ein Bonbon was die Schmerzen dann doch leichter ertragen lässt.

 

 

Der nächste freie Tag (es waren schon wieder zehn Tage vergangen) am Samstag sollte einer bis dahin besten Tage in Laos werden. In der Nähe (na ja wenn man drei Stunden Wanderung mit in der Nähe beschreiben kann) gibt es mehrere kleine Wasserfälle. Diese wollten wir uns anschauen. Da sie nicht so leicht zu finden sind wollten uns die Bauarbeiter dorthin begleiten. Um 9 Uhr ging es dann los. Nach etwas mehr als einer Stunde erreichten wir wieder das Dorf das wir schon mehrmals besucht hatten. Dort schloß sich uns ein Einheimischer an der uns dann nach etwa einer halben Stunde in eine Höhle führte. Man musste sich schon sehr klein machen um in die Höhle zu gelangen. Dort ging es dann einige hundert Meter hinein und einige Stellen mussten mit Hilfe von Bambusleitern (na ja unter Leiter stellt man sich ganz etwas anderes vor) überbrückt werden. Es war wirklich sehr beeindruckend und ohne den Einheimischen hätten wir die Höhle nie gefunden. Danach ging es weiter und nach einer Stunde dann sehr steil den Berg mitten durch den Dschungel hinunter. Nach einem etwas mühsamen Abstieg erreichten wir einen kleinen Fluß den wir dann hoch wanderten. Man konnte von Weitem schon das Rauschen des Wasserfalls hören. Als wir ihn erreichten waren wir doch alle sehr angetan. Etwa 10 Meter stürzten sich die Wasser in die Tiefe in ein kleines Becken. An diesem Becken wurde ein Feuer entzündet und die mitgebrachten Fische konnten dort gegrillt werden. Es war sehr interessant wie die Einheimischen in kurzer Zeit fast aus dem Nichts ein super leckeres Essen bereiteten. Selbst an einer Tischdecke aus Bambusblättern sollte es nicht mangeln. Und das für den Lao Lao nötige Pinnchen wurde kurzerhand aus einem Bambus geschnitten. Nach dem opulenten Mahl ging es dann weiter im Fluß entlang zu weiteren Wasserfällen. Dazu mussten wir natürlich die Wasserfälle „erklettern“. Meine Sandalen gaben schon nach kurzer Zeit den Geist auf so dass ich barfuß weiterlaufen musste. Ich weiß nicht wann ich zum letzten Mal richtig barfuß, ich meine für längere Zeit und nicht am Strand gelaufen bin. Ich denke das liegt schon Jahrzehnte zurück. Kurzum es war ganz schön anstrengend vor Allem weil ich sehen musste wie geschickt die Einheimischen sowohl mit Flip Flops als auch barfuß unterwegs waren. Am letzten Wasserfall genehmigten wir uns ein ausgiebiges Bad im Fluß mit Dusche unter dem Fall. Der Nachhauseweg verzögerte sich dann noch weil wir im Dorf noch unbedingt Lao Lao bzw. der Vorstufe von Lao Lao trinken mussten. Die Vorstufe könnte man auch als Reiswein bezeichnen. Hierzu wird Reis in einem etwa 10 Liter fassendem Tongefäß angesetzt. Dort gärt er dann munter vor sich hin. Nach dem öffnen wird Wasser zugegeben und der Wein mit einem langen Strohhalm (na ja ist natürlich kein Stroh sondern ein aufgebohrtes Hölzchen). Das Ganze schmeckt dann natürlich nach Alkohol aber auch ein wenig süß. Erst bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir unser Dorf und fielen nach dem Abendessen müde und erschöpft in den Schlaf.

 

 

Isabel schickte uns dann für ein paar Tage einen neuen Volunteer ins Dorf. Pat, eine Krankenschwester aus Amerika die seit mehr als 40 Jahren in Krankenhäusern gearbeitet hat. Sie ging dann mit Silke zu „ihren“ großen und kleinen Patienten und lobte Silke für ihre Arbeit. Dies tat ihr richtig gut nachdem sie ja selbst auch nicht mehr so richtig im Beruf ist. Pat wusste auch sehr viel zu erzählen. Die letzten drei Monate arbeitet sie in Luang Prabang in einem von einer französischen Stiftung finanzierten Kinderkrankenhaus. Es war schon erschütternd was sie von den Kindern und deren Eltern zu berichten hatte. Abends saßen wir immer noch lange auf unserem Balkon mit ihr zusammen und „genossen“ Instantkaffee. Als sie uns erzählte dass sie vor 10 Jahren zusammen mit ihrem Mann den Appalachian Trail (LINK ein mehr als 3500 km langer Fernwanderweg im Osten der USA) in 6 Monaten gegangen ist waren wir natürlich ganz Ohr. Wir hatten uns schon vor einiger Zeit mit diesem Trail beschäftigt. Im Moment ist dies allerdings noch ganz weit hinten in unserer Todo-Liste.

 

 

Unser erstes Bassi

Bassi’s sind große oder auch kleinere Feste bei denen es meistens darum geht die guten Geister wieder einzuschwören. Am Samstag stand nun solch ein Bassi an. Anlass war, wenn wir das richtig  verstanden haben die Genesung (es könnte aber auch bedeutet haben für die Genesung) der Großmutter des dritten Naibans die seit längerer Zeit über Bauchbeschwerden klagt. Es gibt wie ich mittlerweile erfahren habe immer drei Naibans für ein Dorf, die übrigens alle gewählt werden. Nun zu diesem Bassi wurde eigens ein Schwein geschlachtet und es floss auch jede Menge Alkohol. Dazu aber später mehr.

Silke und ich waren auf dem Weg zu diesem Bassi als uns der dritte Naiban entgegen kam und uns deutete mitzugehen. Wir folgten ihm in das kleine Dorf das ebenfalls zu Khohn Khuen gehört. Dort betraten wir eine kleine Hütte in der viele Personen anwesend waren. In der Mitte entdeckten wir ein ältere Frau die sehr schwach am Boden lag. Die Dame wanderte jeden Morgen an unserer Hütte vorbei und kam schon mehrmals zu uns und bat um Medikamente gegen ihre Schmerzen. Irgendwie hatten wir sie lieb gewonnen. Nun lag diese Frau in ihrer Hütte am Sterben umgeben von ihren Kindern, Verwandten und Dorfbewohner. In der Mitte war auch ein, ich würde ihn als einen kleinen Altar bezeichnen mit verschiedenen „Beigaben“ wie Reis, neue Kleider, Kerzen. Dieser Altar wurde dann zu Füßen der alten Dame gestellt und alle Anwesenden versammelten sich nun zu Füßen der Dame. Alle redeten, beinahe könnte man sagen schrieen wild gestikulierend für ein paar Minuten. Daraufhin verließen vorwiegend die Männer den Raum und brachten den Altar nach draußen. Dort ging es dann ein Stück aus dem Dorf hinaus wo ein weiterer Altar aus Bambus aufgebaut stand. Dorthin brachten sie den Altar mit den Beigaben auf denen natürlich der Lao Lao nicht fehlen durfte. Nachdem sie wiederum ähnlich der Prozedur im Hause wild gestikulierend redeten ging dann natürlich wieder das obligatorische Glas mit Lao Lao um. Man könnte meinen die alte Dame wurde so aus dem Dorf entlassen. Dann ging es wieder zurück ins Dorf. Dort wurde in der Zwischenzeit ebenfalls ein kleines Schwein geschlachtet und auch dort wurde dann ein Bassi veranstaltet. Man könnte fast meinen dass dies ein Leichenschmaus noch zu Lebzeiten veranstaltet wird. Im Moment wissen wir noch nicht wie es der alten Dame geht.

Nachdem wir wieder zurück im Dorf zum Bassi waren kochte dort schon das Schwein oder zumindest Teile davon in einem großen Kessel. Natürlich mussten wir von allem probieren und es floss wieder reichlich Lao Lao. So ging es dann den ganzen Nachmittag und Abend über. Da ich natürlich nicht immer nein sagen konnte bzw. durfte war ich abends ziemlich strunkelig und ließ auch das Abendessen ausfallen.

 

 

Nun, unser nächster Visarun steht bald an. Wie schnell doch die 30 Tage vergangen sind. Wir wollten eigentlich dann bald wieder unsere Räder bewegen allerdings kommt uns das laotische Neujahrsfest Mitte April in die Quere. Da geht anscheinend für eine Woche nichts in Laos. Das wollen wir dann doch noch mitnehmen. Auch soll ein Drachenbootrennen in Nong Khiaw während dieser Zeit stattfinden. Also bleiben wir noch hier in der Bambusschule bevor es dann Mitte Ende April nach Vietnam geht. Darauf freuen wir uns natürlich sehr. Ich habe vor 30 Jahren einmal in der Augsburger Allgemeinen einen Artikel über eine Fahrradreise von Nord- nach Südvietnam gelesen. Seit dieser Zeit geht mir der Artikel nicht mehr aus dem Kopf und so etwas wollte ich auch schon immer mal machen. Deswegen freue ich mich besonders auf die nächsten Wochen. 

 

 

PS

Meine etwas flapsige Bemerkung in unserem letzten Bericht bezüglich der vielen Kinder und Regenzeit und so muss ich dringend revidieren. Leider ist die Kindersterblichkeit in Laos sehr hoch. Sie lag im Jahre 2014 bei 54.5 von 1000 Lebendgeburten und damit liegt Laos weltweit an Nummer 33. Zum Vergleich in Deutschland liegt diese Zahl in 2014 bei 3.5. Erfreulich dabei ist dass diese Zahl in Laos gegenüber dem Jahr 2000 fast auf die Hälfte gesunken ist. (LINK).  

 

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